Germann Auktionshaus AG
Teil I: Gemälde, Papierarbeiten und Skulpturen
Montag, 25. November 2024, 18:00 Uhr

Thorvald Hellesen, Ohne Titel

Lot 10

Thorvald Hellesen, 1888-1937 (NO)

Ohne Titel, um 1920

Öl auf Leinwand.
H 650 mm B 540 mm.

Unten rechts signiert: Thorvald Hellesen. (Rahmen).

CHF35'000 / 55'000
EUR37'100 / 58'300
USD40'600 / 63'800

Provenienz:
Seit ca. 1980 in Schweizer Privatsammlung.

Anmerkung:

Thorvald Hellesen gehört zu den lange in Vergessenheit geratenen norwegischen Künstlern der Moderne. Erst 104 Jahre nachdem Hellesen seine erste und letzte Ausstellung in Norwegen hatte, präsentierte das Nationalmuseum in Oslo 2023 mit der Schau “Thorvald Hellesen. Pioneering Cubism" das Werk des Künstlers einer breiteren Öffentlichkeit.

Die lange Absenz Hellesens im norwegischen Kunstkanon dürfte auch damit zusammenhängen, dass Hellesen die meiste Zeit seines Erwachsenenlebens in Frankreich verbracht hatte.
Der Künstler wanderte 1911 nach Paris aus, wo er über die Gruppe "La Section d'Or" mit den zentralen Figuren des Kubismus in Kontakt kam. In der Folge experimentierte er mit einer Reihe kubistischer Strategien, wobei die Auseinandersetzung mit dem Werk seines Freundes Fernand Léger prägend war.
Zu Beginn der 20er Jahre begann Hellesen dann zunehmend die Möglichkeiten der Malerei als reine Fläche zu erforschen. Er entwickelte Kompositionen, aus welchen die Bezüge zur Aussenwelt verschwanden und in denen stattdessen Farben, Texturen und geometrische Formen im Vordergrund standen. Durch die Betonung der Oberfläche setzte sich der Künstler bewusst mit der zweidimensionalen Natur der Malerei auseinander und nutzte diese als Ausganspunkt neuer ästhetischer Ausdrucksformen.¹

Im Gegensatz zur Kunstkritik seines Heimatlandes stiess die Malerei von Thorvald Hellesen innerhalb der Avantgardebewegungen auf reges Interesse. So schreibt etwa Amédée Ozenfant 1921: "Peu de grandes expositions ont été cette année aussi charmantes que le Salon des Indépendants. Parmi les cubistes, Hellesen est l'un des plus intéressants, justement parce qu'il paraît avoir une esthétique définie où la couleur et la forme jouent de façon bien systématique."²
Und Theo van Doesburg attestiert dem Farbgebrauch Hellesens gar einen prägenden Einfluss auf seine französischen Kollegen, wenn er mit Blick auf den Salon des Indépendants von 1920 meint: "The two strongest personalities, the Norwegian painter Th. Hellesen and Fernand Léger, operate with constructions of primary colors. The distinctively Nordic influence of the former is already making its mark on many proponents of the colorless French form of Cubism".³

¹ Vgl. Ingvild Krogvig. “The Rise and Fall of Norwegian Abstraction in the Twenties”. In: Gladys C. Fabre und Jan Torsten Ahlstrand (hrsg.). Electromagnetic. Modern Art in Northern Europe, 1918-1931. Ostfildern 2013. S. 81 – 99.
² Amédée Ozenfant unter seinem Pseudonym Vauvrecy, in L’Esprit Nouveau N° 5, 1921, S. 603.
³ Theo van Doesburg, zitiert in Krogvig 2013, S. 85.