Lot 6
Textile, latex, buttons and nacre.
H 1630 mm W 755 mm.
(Frame).
* | CHF | 30'000 / 50'000 |
* | EUR | 30'000 / 50'000 |
* | USD | 31'000 / 52'000 |
Hammer Price: CHF 46'000
Provenance:
Swiss Private Property, directly acquired from the artist;
Swiss Property.
Expertise:
We thank the "Estate of Heidi Bucher" for their kind assistance in cataloguing this artwork.
Performative Häutungen von Räumen nehmen in Heidi Buchers Oeuvre eine zentrale Stellung ein. Die 1926 in Winterthur geborene Künstlerin trägt flüssiges Latex an Orten auf, die eine belastete Vergangenheit besitzen und gesellschaftliche Zwänge stützen. Hierzu zählen beispielsweise das 1978 gehäutete "Herrenzimmer" oder der Latexabzug der Räumlichkeit, in der Sigmund Freud und Dr. Binswanger ihre ersten Untersuchungen zu Hysterie-Patientinnen vornahmen. Die Erinnerungen, die an diesen Räumen haften, konserviert Bucher, um anschliessend durch den Kraftakt des Häutens mit alten Mustern zu brechen und die Architektur in etwas Fragiles zu verwandeln. In ihren Arbeiten möchte die Künstlerin soziale Ungleichheiten offenlegen, diese hinterfragen und patriarchale Strukturen überwinden. Sie thematisiert dabei auch ihre eigene Rolle in der Gesellschaft und nutzt weiblich tradierte Materialien und Verfahren, die sich gänzlich von den Arbeitsmethoden ihrer männlichen Zeitgenossen unterscheiden.
Bevor Heidi Bucher ab Mitte der 1970er-Jahre Architektur-Häutungen vornimmt, fängt sie zunächst an, weiblich konnotierte Materialien zu transformieren. 1973 kehrt sie nach Stationen in Kanada und den USA mit ihrer Familie in die Schweiz zurück. In dieser Zeit beginnt sie erstmals mit Latex zu arbeiten. Hierfür taucht sie Textilien wie Schürzen, Kleider oder Unterwäsche in flüssiges Latex, wodurch die Oberfläche der vormals funktionalen Hausbekleidung nach dem Trocknen des Gemischs eine feste Form annimmt. Der Entstehungszeitraum des Werks "Einbalsamierung (Kleid)" wird zwischen 1975 und 1977 datiert; das Nachthemd selbst stammt aber wohl aus den 1930er-Jahren. Wie bei dem Werk zu erkennen ist, wandelt sich die Oberfläche der vormals funktionalen Hausbekleidung im getrockneten Zustand und nimmt eine feste Form an. Das Kleid, das einst für den häuslichen Gebrauch gedacht war, gestaltet Bucher auf sinnlich-poetische Weise neu. Mittels irisierendem Perlmuttpigment verleiht sie den so gewonnenen Gebilden ein schimmerndes Äusseres. Auch Symbole wie Muscheln, Fische und Vögel finden sich als wiederkehrendes Motiv in diesen sogenannten "Einbalsamierungen".
Heidi Buchers Gesamtwerk wird gegenwärtig in der Wanderausstellung "Metamorphosen" gezeigt, welche bereits im Haus der Kunst in München zu sehen war, aktuell in der Kunsthalle Bern gastiert und anschliessend in das Muzeum Susch reisen wird. Innerhalb der feministischen Kunst nimmt ihr Oeuvre eine herausragende Position ein und sie wird als eine der wichtigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts rezipiert.